Wasser, Wissen, Werkmeister. Fluss- und Festungsbauexpertise in Bayern und Kursachsen im 16. Jahrhundert
Intervention dans le panel Akteure wasserbaulichen Wissens und institutioneller Wandel im Heiligen Römischen Reich (ca. 1500-1800) [Panel #62]
Um 1570 traten Extremwetterlagen und Hochwässer in vielen Regionen des Heiligen Römischen Reichs auf. Fürstliche Werkmeister, die mit Baustellen an Flüssen betraut waren, stellte dies auch in Kursachsen und Bayern vor bautechnische und organisatorische Probleme. Die Festungsbauprojekte in Dresden und Ingolstadt, die, einmal fertiggestellt, nicht nur dem Fluss, sondern auch Artilleriebeschuss standhalten sollten, waren in ihrer Entstehung sensibel gegenüber Umwelteinflüssen. Im Ernstfall entstanden nicht nur enorme Sachschäden, sondern auch Kommunikationsprobleme gegenüber den Dienstherren, die mit der Frage nach dem Spezialwissen der Amtsträger verbunden waren. Wie stellten sie ihre Autorität gegenüber dem Fürsten, aber auch wasserbautechnischen Konkurrenten sicher angesichts von unkontrollierbaren naturalen Fremdeinwirkungen, die aufwändige und teure Arbeiten innerhalb von Stunden hinwegrissen?
Der Beitrag vergleicht die Baustellen an Elbe und Donau vor dem Hintergrund des bautechnischen Wissens der Akteure sowie der sozialen Konstellationen vor Ort. Verfügte der Kurfürst von Sachsen in seiner Residenzstadt Dresden kontinuierlich über zahlreiche Fachleute, die unterschiedliche Wissensfelder wie Bergbau, Eisenhandwerk oder Architektur zusammenbrachten, beschäftigte der Herzog von Bayern in seiner Universitätsstadt Baumeister, deren Kompetenzen in der Zivilarchitektur lagen, welche sich nicht ohne Weiteres auf den Wasserbau anwenden liessen. Da funktionierende Lösungen zur Hochwasserprävention oder auch nur formalisierte Ausbildungswege für Wasserbautechniker nicht existierten, blieben die Akteure notwendig auf Transfers aus angrenzenden Wissensfeldern und oftmals improvisierte Lösungen angewiesen. Eine wichtige Voraussetzung für Bau und Instandhaltung von Festungen, besonders an Flüssen, kam daher der Erfahrung der Werkmeister, ihrem Vertrauen beim Fürsten und den sozialen Klimata auf den Baustellen zu.