Wasserwege: Tiere und Wissen im Fluss

Die Wasserzeitung hatte in ihrem Erscheinungsjahr 1983 den Anspruch, mit einem multidisziplinären Ansatz sowie ihren (auto)ethnographischen und historischen Erkundungen neue (Aus-)Blicke auf das Verhältnis von Menschen und Umwelt zu bieten. Wie würde ein derartiges Projekt heute im Kontext aktueller Diskussionen um das Anthropozän aussehen? Hierzu gehört verstärkt auch der Blick auf das Wasser als Verbreitungsweg und -vektor sogenannter invasiver Tiere- und Pflanzenarten. Im 20. Jahrhundert wurde das Ballastwasser von Schiffen zum wichtigen anthropogenen Vektor der Einschleppung und Verbreitung sogenannter invasiver Arten, die als blinde Passagiere der globalen (Handels-)Schifffahrt neue aquatische Lebensräume besiedeln. Vermutlich kam so die Wollhandkrabbe in Flüsse wie die Elbe, wo sie sich in den 1920er- und 30er-Jahren derart vermehrte, dass sie Landschaften, Infrastrukturen, Ökologien und Ökonomien veränderte. In meinem Beitrag untersuche ich, welche Wissens- und Praxisfelder involviert waren/sind, welches Wissen und welche praktischen Maßnahmen hieraus im Laufe der Zeit folgten. Der Beitrag zeigt, wie eng dabei das Wissen über die Tiere (ihre Verbreitung und Anpassungsfähigkeit), über technische Infrastrukturen (Schiffe, Fanganlagen) und Umweltbedingungen (Flussverschmutzung, Renaturierung) ineinandergreift, und sucht gleichzeitig wiederum – ganz im Geiste der Wasserzeitung – nach alternativen Perspektiven auf diese Geschichte und ihre Zukunft; wer entwirft Gegen-Erzählungen einer Kohabitation in den Ruinen des Kapitalismus?

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